Unternehmensinsolvenzen 2025: Was der Anstieg für Leasinggesellschaften und den Gebrauchtmarkt bedeutet
- Kai Axer
- vor 6 Tagen
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Unternehmensinsolvenzen steigen 2025 deutlich. Welche Folgen hat das für Leasinggesellschaften, Neugeschäft und Gebrauchtmarkt? Zwei Szenarien für 2026.

Ausgangslage: Die Insolvenzwelle wird zum neuen Normal
Nach Jahren künstlich niedriger Insolvenzzahlen – gestützt durch Corona-Hilfen, KfW-Programme und ausgesetzte Insolvenzantragspflichten – hat Deutschland 2023 und 2024 eine klare Trendwende erlebt. Laut IfM Bonn auf Basis der Destatis-Daten haben 2024 21.812 Unternehmen Insolvenz angemeldet – ein Plus von 22,4 % gegenüber 2023 und damit das zweite Jahr in Folge mit einem zweistelligen Anstieg.
Im 1. Halbjahr 2025 wurden nach Auswertung von IfM und Creditreform bereits rund 12.000 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet – ein Zuwachs von etwa +9 bis +12 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum und der höchste Stand seit mehr als zehn Jahren.
Destatis bestätigt diesen Trend mit zweistelligen Zuwächsen bei den beantragten Regelinsolvenzen, etwa +11,6 % im August 2025 gegenüber dem Vorjahresmonat.
Parallel dazu zeigt sich: Besonders betroffen sind etablierte Unternehmen, häufig mit 3 bis 8 und mehr Jahren Marktpräsenz sowie klassische KMU in Bau, Handel, verarbeitendem Gewerbe und wirtschaftsnahen Dienstleistungen.
Für 2025 rechnen Marktbeobachter wie Allianz Trade mit rund 24.300 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland – nochmals etwa +10 % gegenüber 2024. Für 2026 wird ein weiterer, wenn auch moderater Anstieg um etwa +2 % prognostiziert.
Gleichzeitig bewegen wir uns in einem Umfeld schwachen Wachstums: Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet für 2025 nur eine minimale Erholung und für 2026 ein verhaltenes Wachstum, belastet durch Investitionszurückhaltung, hohe Abgabenlast und globale Unsicherheit.
Fazit: Wir sehen keine kurzfristige „Welle“, sondern eher eine Rückkehr zur Normalität auf höherem Risikoniveau.
Zwei wahrscheinliche Szenarien für 2026
Vor diesem Hintergrund bieten sich für 2026 zwei realistische Grundszenarien an, die Leasinggesellschaften im Risikomanagement und in der Geschäftsplanung berücksichtigen sollten.
Szenario 1: Hohes Plateau mit leicht weiter steigenden Insolvenzen
Die konjunkturelle Erholung bleibt schwach; Investitionen erholen sich nur langsam.
Finanzierungskonditionen entspannen sich zwar graduell, bleiben aber für schwächere Bonitäten anspruchsvoll.
Insolvenzen steigen 2026 nochmals leicht (geschätzt +1 bis +3 %) – im Einklang mit Prognosen von Allianz Trade und weiteren Research-Häusern.
Implikation:
Insolvenzen bleiben auf dem höchsten Niveau seit mehr als einem Jahrzehnt, insbesondere bei kleineren und mittleren Unternehmen. Für Leasinggesellschaften bedeutet das dauerhaft erhöhte Risikokosten, häufigere Workouts und Verwertungen – und damit einen hohen Bedarf an professionellem Sicherstellungs- und Remarketing-Know-how.
Szenario 2: Kontrollierte Normalisierung ab der zweiten Jahreshälfte 2026
Strukturreformen, Investitionsprogramme und etwas verlässlichere Rahmenbedingungen (Zinsen, Energie, Handel) stabilisieren das Umfeld.
Der Insolvenzanstieg flacht ab; die Fallzahlen verharren auf hohem Niveau oder gehen zum Jahresende leicht zurück. Einige Analysen sehen ab 2026 weltweit sogar eine moderate Entspannung der Insolvenzzahlen.
Implikation:
Insolvenzen bleiben zwar über dem Niveau der „Nullzins-Jahre“, werden aber berechenbarer. Für Leasinggesellschaften verschiebt sich der Fokus: weg von reiner Schadensbegrenzung hin zu einer gezielten Nutzung der Situation – etwa über Wachstumsfelder im Bereich Sanierungs- und Transformationsfinanzierung.
Auswirkungen auf den Leasingmarkt: Risiko hoch, Bedeutung aber ebenfalls
Die Leasingwirtschaft ist von dieser Entwicklung doppelt betroffen: als Finanzierer insolvenzgefährdeter Unternehmen und als Treiber von Investitionen in einem schwachen Umfeld.
Laut Bundesverband Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) finanzierte die Branche 2024 Investitionen in Höhe von rund 80,4 Mrd. Euro, ein Rückgang des Neugeschäfts um -4,4 % gegenüber 2023.
Ursache ist nicht nur die Konjunktur, sondern auch eine ausgeprägte Investitionsschwäche: Die realen Bruttoanlageinvestitionen gingen 2024 um -2,7 % zurück – nach bereits negativen Werten in 2022 und 2023.
Trotz dieser Dämpfer bleibt Leasing zentraler Investitionstreiber: Die Leasing-Quote bei Ausrüstungsinvestitionen liegt mit 26,1 % weiter hoch – also mehr als ein Viertel aller entsprechenden Investitionen wird über Leasing finanziert.
Konsequenzen für Leasinggesellschaften:
Höhere Risikokosten: Mehr Insolvenzen bedeuten mehr Vertragsstörungen, Restwertrisiken und Verwertungsvorgänge.
Strengere Kredit- und Objektprüfung: Sektorfokussierung (z. B. Bau, Transport, Industrie) und tiefere Cashflow-Analysen sind Pflicht.
Wachstumspotenzial über Asset-based Finance: In einem Umfeld restriktiver Bankkredite steigt die Bedeutung objektbasierter Finanzierungen und Sale-and-lease-back-Lösungen für sanierungsfähige Unternehmen.
Prozessdruck: Schnellere Entscheidungen in der Risikosteuerung, effiziente Sicherstellungsketten und professionelle Partnerstrukturen werden zum Wettbewerbsfaktor.
Der Gebrauchtmarkt: Angebotsschub trifft selektive Nachfrage
Mehr Insolvenzen führen zwangsläufig zu zusätzlichem Angebot an Gebrauchtobjekten – vom Transporter über Baumaschinen bis zur Produktionsanlage. Gleichzeitig bleibt der Investitionswille vieler Unternehmen verhalten, während Finanzierung nach wie vor anspruchsvoll ist.
Studien zum Gebrauchtmaschinenmarkt zeigen, dass Preise gebrauchter Maschinen auf Marktschocks häufig zeitverzögert und weniger volatil reagieren als Neupreise.
Ähnliches lässt sich im Fahrzeugbereich beobachten: Der Gebrauchtwagenmarkt zeigte 2024 mehr Dynamik als das Neuwagengeschäft – Gebrauchtwagenumsätze stiegen, während Neuzulassungen zurückgingen.
Hinzu kommt, dass sich der Fuhrpark in vielen Segmenten sichtbar altert – etwa bei Nutzfahrzeugen, wo das Durchschnittsalter in den letzten Jahren angestiegen ist und die Mängelquoten entsprechend zunehmen.
Für Leasinggesellschaften ergeben sich daraus drei Kerneffekte:
Restwertrisiko und Pricing: In Segmenten mit Angebotsüberhang (z. B. bestimmte Bau- oder Transportfahrzeuge) geraten Restwerte unter Druck. In anderen Bereichen mit anhaltend hoher Nachfrage (z. B. zuverlässige gebrauchte Lkw/Transporter, spezialisierte Maschinen) bleiben Preise robust.
Remarketing wird zum Profit-Center: Professionelle Zweitverwertung kann einen wesentlichen Beitrag zur Deckung von Ausfällen leisten – insbesondere bei strukturiert aufbereiteten Portfolios.
Neue Kundensegmente: Unternehmen, die sich Neuinvestitionen nicht leisten können oder wollen, greifen verstärkt auf hochwertige Gebrauchtobjekte zurück – direkt oder im Rahmen von Re-Leasing-Modellen.
Neugeschäftsansätze für Leasinggesellschaften in einem Umfeld hoher Insolvenzen
Trotz – oder gerade wegen – des erhöhten Insolvenzgeschehens bieten sich für Leasinggesellschaften strategische Chancen. Aus Sicht der Utilitas GmbH zeichnen sich insbesondere folgende Ansätze ab:
Sanierungs- und Transformationsleasing
Einsatz von Leasing als Baustein in Restrukturierungs- und Transformationskonzepten (z. B. Sale-and-lease-back von Maschinen, Fahrzeugen oder IT).
Fokussierung auf grundsätzlich tragfähige Geschäftsmodelle mit temporären Liquiditätsengpässen.
Kooperationen im NPL- und Workout-Bereich
Zusammenarbeit mit Banken, Sparkassen und alternativen Finanzierern bei notleidenden Engagements (NPL).
Strukturierte Übernahme, Sicherstellung und Verwertung von Sicherungsgütern mit anschließendem Re-Leasing an neue Nutzer.
Professionelles Remarketing und Gebrauchtleasing
Aufbau bzw. Ausbau eigener Remarketing-Kapazitäten und Partnerschaften für den Gebrauchtmarkt.
Standardisierte Prozesse für Bewertung, Aufbereitung und Vermarktung von zurückgenommenen Objekten, um Verluste zu begrenzen und Erträge aus Zweit- und Drittverwertung zu heben.
Risikoorientiertes Pricing und Sektorsteuerung
Feinere Segmentierung nach Branche, Objektklasse und Unternehmensphase (z. B. „Junge Wachstumsunternehmen“ vs. „Bestandsunternehmen mit Transformationsdruck“).
Anpassung von Margen, Covenants und Sicherheiten an das tatsächliche Risiko – einschließlich frühzeitiger Monitoring- und Frühwarnsysteme.
Einsatz externer Spezialisten
Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienstleistern für Recherche, Sicherstellung, Standortprüfung und Marktverwertung.
Gerade in komplexen Fällen (Mehrfachstandorte, Streit um Eigentum, schwierige Kommunikationslage) sind professionelle Partner ein wesentlicher Faktor für Geschwindigkeit und Erlösqualität.
Als Utilitas GmbH beobachten wir die Entwicklung täglich in der Praxis: steigende Fallzahlen, komplexere Fälle, aber auch wachsende Bereitschaft von Leasinggesellschaften, Sicherungs- und Verwertungsprozesse frühzeitig und strategisch aufzustellen, statt erst im akuten Krisenfall zu reagieren.
Fazit: 2025/2026 als Stresstest – und Chance für professionelles Leasinggeschäft
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Unternehmensinsolvenzen in Deutschland haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht und werden sich nach aktueller Prognose frühestens 2026 stabilisieren – eher auf hohem als auf niedrigem Niveau.
Für Leasinggesellschaften bedeutet das:
Mehr Risiko, aber auch mehr Relevanz in der Unternehmensfinanzierung, gerade für den Mittelstand.
Einen stärkeren Fokus auf Risikomanagement, Sicherheiten und Remarketing.
Neue Geschäftschancen in Sanierung, Gebrauchtleasing und Asset-based Finance.
Wer seine Prozesse und Partnerstrukturen jetzt konsequent ausrichtet, kann die kommenden Jahre nicht nur überstehen, sondern aktiv gestalten – mit einem klaren Blick auf Bonität, Objektqualität und Zweitmarktfähigkeit.
Als Utilitas GmbH unterstützen wir Leasinggesellschaften, Banken und Investoren genau an dieser Schnittstelle: von der Recherche und Besichtigung über die Sicherstellung bis zur strukturierten Verwertung und Begleitung in der Krisenkommunikation.
Gerne stehen wir für einen fachlichen Austausch zur Verfügung.
Quellen
Institut für Mittelstandsforschung Bonn / Destatis: Unternehmensinsolvenzen 2023–2025.IfM Bonn
Destatis: Beantragte Regelinsolvenzen 2025.Federal Statistical Office of Germany+1
Allianz Trade: Insolvenzstudie 2025 – Prognosen 2025/2026.Germany
Schlecht & Partner: Unternehmensinsolvenzen 2025 – Deutschland im europäischen Vergleich.Schlecht und Partner
BDL / IW: Leasing-Marktbericht 2024 und Marktzahlen 2023/2024.BDL Leasingverband+1
IW / Reuters: Konjunktur- und Investitionsentwicklung in Deutschland 2024–2026.Institut der deutschen Wirtschaft (IW)+1
Marktanalysen Gebrauchtmaschinen- und Gebrauchtwagenmarkt.Marcus Transport GmbH+1




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